Behinderung der Bauausführung Teil 2


I. Einleitung

In der letzten Ausgabe hatten wir uns mit der Bauzeit im Allgemeinen, den aus Störungen des Bauablaufes herrührenden Zahlungsansprüchen des Auftraggebers und dem Anspruch des Auftragnehmers auf Verlängerung der Bauzeit beschäftigt.

Für den Dachbegrüner sind insbesondere die aus einer Störung des Bauablaufes möglicherweise abzuleitenden Zahlungsansprüche interessant. Diese setzen stets eine ordnungsgemäße Behinderungsanzeige nach § 6 Nr. 1 VOB/B voraus.

II. Schadensersatzansprüche

Nach § 6 Nr. 6 VOB/B hat ein Auftragnehmer Anspruch auf Ersatz des ihm nachweislich entstandenen Schadens, wenn die ihn behindernden Umstände, welche letztlich zu der Bauzeitverzögerung geführt haben, von dem anderen Vertragsteil, das heißt dem Auftraggeber, zu vertreten sind. Dies ist dann der Fall, wenn der Auftraggeber die Behinderung schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig (§ 276 BGB) verursacht hat. Übergibt der Auftraggeber beispielsweise seinem Auftragnehmer die von diesem dringend benötigten Pläne nicht rechtzeitig, obwohl sie ihm selbst schon lange vorliegen, handelt er zumindest fahrlässig und haftet somit dem Auftragnehmer gegenüber für die hierdurch entstehenden Schäden.

Allerdings sind die betreffenden Schadensersatzansprüche des Auftragnehmers insoweit beschränkt, als entgangener Gewinn nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Auftraggebers verlangt werden kann. Eine derart massives Fehlverhalten des Auftraggebers wird selten bis nie vorkommen. Der Auftragnehmer wird sich deshalb in der Regel mit einem Ersatz der ihm tatsächlich entstandenen Mehrkosten zufrieden geben müssen.

III. Sonderproblem Vorunternehmer

Der oben dargelegte Umstand, dass der Auftragnehmer nur dann Schadensersatzansprüche geltend machen kann, wenn sein Auftraggeber schuldhaft gehandelt hat, ist deshalb von größter praktischer Bedeutung, weil Bauzeitverzögerungen regelmäßig nicht von dem Auftraggeber selbst – beispielsweise dem Bauherrn oder einem Generalunternehmer – verursacht werden, sondern von anderen Auftragnehmern. Aus Sicht des Dachbegrüners wird regelmäßig die verspätete Fertigstellung der Leistungen des Dachdeckers und dessen möglicherweise schuldhaftes Verhalten für die eingetretene Verzögerung und den hieraus folgenden Schaden ursächlich sein.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Fehlverhaltensweisen des sog. Vorunternehmers dem Auftraggeber im Verhältnis zu dem in der Erbringung seiner Leistungen behinderten Auftragnehmer jedoch nicht zuzurechnen. Er hat die Verzögerung damit nicht selbst verschuldet. Im vorhergehend dargestellten Beispielsfall hat der Auftraggeber also die durch die langsamen Arbeiten des Dachdeckers eingetretene Verzögerung nicht im Sinne von § 6 Nr. 6 VOB/B zu vertreten und haftet dem Dachbegrüner daher auch nicht für die diesem entstandenen Schäden.

III. Entschädigungsansprüche

Der Bundesgerichtshof und nun auch die Neufassung des § 6 Nr. 6 der VOB/B 2006 haben das Dilemma das dazu führt, dass in der Regel auf einer arbeitsteiligen Baustelle keine Schadensersatzansprüche des Auftragnehmers gegen den Auftraggebergeber wegen Bauzeitverzögerungen entstehen können, erkannt. Um die Auftragnehmer nicht im Regen stehen zu lassen, verweisen der BGH und § 6 Nr. 6 VOB/B 2006 auf § 642 BGB. Unter bestimmten Voraussetzungen können danach bei Bauzeitverzögerungen sog. Entschädigungsansprüche des Auftragnehmers entstehen.

Voraussetzung für einen derartigen Entschädigungsanspruch ist zunächst, dass der der Auftraggeber dem Auftragnehmer das zur Erbringung seiner Bauleistungen erforderliche Baufeld nicht in uneingeschränkter Art und Weise zur Verfügung stellt. Hierdurch kann der Auftragnehmer nicht wie geplant mit der Ausführung seiner Arbeiten beginnen, ist letztlich also behindert. Im oben genannten Beispielsfall ist diese Voraussetzung dadurch, dass dem Dachbegrüner die freie Dachfläche nicht zur Verfügung gestellt wird, also erfüllt.

Weitere Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch ist, dass der Auftraggeber sich mit der Zurverfügungstellung des freien Baufeldes in einem so genannten Annahmeverzug befindet. Hierfür ist es regelmäßig erforderlich, dass Auftragnehmer seine Leistungen dem Auftraggeber zum eigentlich geplanten Ausführungszeitpunkt konkret anbietet. Dies kann ausdrücklich, zum Beispiel mündlich oder schriftlich, aber auch konkludent durch Demonstration der Bereitschaft zum Arbeitsbeginn auf der Baustelle erfolgen.

Im Gegensatz zu dem oben dargestellten Schadensersatzanspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B ist darüber hinaus ein Vertretenmüssen, das heißt Verschulden des Auftraggebers für die fehlende Arbeitsmöglichkeit des Auftragnehmers, nicht erforderlich.

Schwierigkeiten bereitet sodann die Berechnung des Entschädigungsanspruchs, da der Bundesgerichtshof in seinen entsprechenden Leitentscheidungen nur wenige Anhaltspunkte hierfür gegeben hat. Klar ist, dass nicht der faktisch entstandene Schaden des Auftragnehmers vom Auftraggeber verlangt werden kann.

Der Auftragnehmer muss seine Ansprüche vielmehr aus der Kalkulation, die er für die Baustelle vorgenommen hatte, ableiten. In dieser Kalkulation sind verschiedene, zeitabhängige Faktoren enthalten, wie beispielsweise Vorhaltekosten für Geräte und Maschinen, laufende Kosten eines örtlichen Baubüros (Baustellengemeinkosten), Kosten des Unterhalts des Büros im Unternehmen (Allgemeine Geschäftskosten), Lohnkosten der auf der Baustelle tatsächlich eingesetzten bzw. hierfür eingeplanten Mitarbeiter etc.. Durch die Bauzeitverzögerung kann sich für verschiedene, vertraglich geschuldete Leistungspositionen bei dieser Kalkulation etwas ändern. Andere Kalkulationsbestandteile und möglicherweise sogar vollständige Leistungspositionen bleiben von der Bauzeitverzögerung jedoch unbeeinflusst. Lediglich die tatsächlichen Änderungen können im Rahmen des Entschädigungsanspruchs geltend gemacht werden.

Wagnis und Gewinn können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht als Teil der Entschädigung verlangt werden. Außerdem ist von dem Entschädigungsanspruch noch das abzuziehen, was der Auftragnehmer durch die eine etwaige anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erspart hat. Das ist dann gegeben, wenn der Auftragnehmer gerade wegen der eingetretenen Behinderung einen anderen Auftrag ausführt, den er sonst nicht hätte ausführen können. Es geht hier also um echte Füllaufträge und nicht darum, dass der Auftragnehmer eventuell andere Bauaufträge, die er ohnehin ausgeführt hätte, vorgezogen hat.

Die Entschädigungsberechnung ist äußerst schwierig und setzt eine fundierte Urkalkulation sowie eine möglichst detaillierte Dokumentation jeder einzelnen Störung des Bauablaufes und deren Auswirkung auf die Leistungserbringung – und somit die Kalkulation der Baustelle – voraus. Bei größeren Bauaufträgen, die in längeren Zeiträumen abgewickelt werden, ist die Einschaltung eines auf baubetrieblichen Fragen spezialisierten Ingenieurbüros daher kaum zu vermeiden.

IV. Zusammenfassung

Die erfolgreiche Geltendmachung und Durchsetzung der Ansprüche des Auftragnehmers auf Verlängerung der Bauzeit und insbesondere von Zahlungsansprüchen wegen Störungen des Bauablaufes ist nicht einfach und verlangt vom Dachbegrüner die Einhaltung bestimmter Formalien und Abläufe.

Worauf hierbei genau im Einzelnen zu achten ist, werden wir in unserem abschließenden Beitrag im nächsten Heft darstellen.

Erschienen im Dezember 2006 bei Dach+Grün – dem Fachmagazin für Bauwerksbegrünung.

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