Bodenverhältnisse: Wer trägt das Baugrundrisiko?


Kaum findet man etwas im Boden, mit dem man nicht gerechnet hat, soll der Auftraggeber das Portemonnaie öffnen. Wird man auf den Grund angesprochen, so hört man oft, das liege am Baugrundrisiko.
Dieses trage ja typischerweise der Auftraggeber, weswegen er die Mehrkosten tragen müsse. Tatsächlich ist diese Ansicht so verbreitet, wie sie falsch ist.
Sicherlich wird der Auftraggeber in den meisten Fällen das Baugrundrisiko tragen. Im Ergebnis kommt es aber darauf an, was die Parteien vereinbart haben. So ist es tatsächlich relativ oft der Fall, dass der Auftraggeber Bodenverhältnisse beschreibt und sie damit zum Leistungsinhalt erhoben werden, da sie für die Leistung des Auftragnehmers und folglich auch für seine Kalkulation erheblich sind.
Sollten dann andere Bodenverhältnisse angetroffen werden und ordnet der Auftraggeber die Leistung für diese abweichenden Verhältnisse an, würde dies eine Änderung des Bauentwurfs nach § 2 Abs. 5 VOB/B oder eine geänderte Leistung nach § 650 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB darstellen. Der Auftragnehmer könnte in diesen Fällen eine geänderte Vergütung geltend machen (BGH, Urteil vom 20. August 2009 – VII ZR 205/07).
Doch es kann auch ganz anders laufen: So hatte das OLG Hamburg mit Urteil vom 6. November 2024-4 U 89/21 über einen Fall entschieden, in dem ein Tiefbauunternehmer meinte, aufgrund abweichender Bodenverhältnisse eine geänderte Vergütung verlangen zu können. Der dortige Streit entbrannte an der sogenannten Abrasivität des Baugrunds. Darunter versteht man die Fähigkeit desselben, Verschleiß an dem eingesetzten Werkzeug hervorzurufen. In der Leistungsbeschreibung hatte der Auftraggeber die Abrasivität mit „schwach abrasiv bis extrem
abrasiv“. also in einem denkbar weiten Feld definiert. Es ergab sich aber aus Erkundungsbohrungen, dass sich ein mäßiges bis maximal hohes Verschleißpotenzial ergebe, was der Auftragnehmer zur Grundlage seiner Kalkulation machte.

Große Bandbreite der Eigenschaften
Frei nach dem Mott „Vor der Hacke ist es dunkel“, gestaltete sich die Situation anders, als vom Auftragnehmer aufgrund der Erkundungsbohrungen angenommen, und er musste eine andere als die von ihm angedachte Verfahrensweise wählen. Das OLG Hamburg sah einen geänderten Vergütungsanspruch jedoch nicht als gegeben an. Allerdings hielt sich die Abrasivität in der Spannbreite, die im Leistungsverzeichnis auch tatsächlich angegeben wurde. Das Risiko der unterschiedlichen Verteilung des Verschleißpotenzials habe daher der Auftragnehmer übernommen. Er sei auf die große Bandbreite im Leistungsverzeichnis hingewiesen worden. Insofern habe er das (Baugrund-) Risiko für die Zusammensetzung in dem definierten Umfang übernommen.
Für die Leistungsbeschreibung sei das Bodengutachten gerade nicht herangezogen worden. Dieses sei auch nicht etwa falsch, sondern aufgrund der typischerweise nur punktuellen Probennahmen mit gewissen Risiken behaftet, die in der Leistungsbeschreibung dann auch
durch die weite Spannbreite erkennbar wurden. Durch den Vertragsschluss hat der Auftragnehmer dieses Risiko übernommen und konnte keine Zusatzvergütung verlangen. In dem entschiedenen Fall waren dies immerhin 5,5 Mio. €, die er zusätzlich erlangen wollte.

DEGA-Tipp: Wie ist die Baugrundbeschreibung formuliert?
Achten Sie bei Leistungsverzeichnissen immer darauf, wie die Beschreibung des Baugrundes erfolgt. Je offener diese Beschreibung formuliert ist, umso höher das Risiko, dass man bei der Kalkulation des Preises deutlich daneben liegt, insbesondere, wenn man mit dem Ziel, den Auftrag zu erlangen, vergleichsweise geringe Preise bildet. Dies kann am Ende des Tages deutlich zurückschlagen.

Erschienen im April 2025 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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