Kann ein nicht rechtskräftiger Titel auf Leistung einer § 648a BGB-Sicherheit vollstreckt werden?


1. Die Verpflichtung, eine Bauhandwerkersicherung zu stellen, ist eine vertretbare Handlung.
2. Leistet der Auftraggeber trotz Titulierung seiner Verpflichtung keine Sicherheit, geht sein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Sicherheitsleistung auf den Auftragnehmer über. Die fehlende Rechtskraft des Titels steht dem nicht entgegen, wenn die sonstigen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen.
LG Köln, Beschluss vom 07.08.2019 – 37 O 294/18
BGB a.F. § 648a; BGB§§ 262, 264, 650f; ZPO § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, § 887

Problem/Sachverhalt
Der Auftragnehmer (AN) erwirkt gegen den Auftraggeber (AG) einen Titel auf Leistung einer Bauhandwerkersicherung. Das entsprechende Urteil des OLG Köln (IBR 2020, 402) wird vom AG mit der zugelassenen Revision vor dem BGH (VII ZR 94/20) angefochten. Der AN betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem – gern. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 ZPO ohne Sicherheitsleistung – vorläufig vollstreckbaren Urteil und beantragt, ihn zu ermächtigen, die nach dem Urteil zu stellende Sicherheit durch Hinterlegung von Geld zu leisten und hierzu den AG zu verurteilen, den dafür erforderlichen Betrag zu Gunsten des AN zum Zwecke der Hinterlegung an die zuständige Hinterlegungsstelle vorauszuzahlen. Hiergegen wendet sich der AG unter Verweis auf die fehlende Rechtskraft des Titels und darauf, dass ihm hinsichtlich der Leistung der Sicherheit entsprechend dem Urteilstenor ein Wahlrecht zustehe, das durch den Antrag des AN unterlaufen werde.

Entscheidung
Das Landgericht (LG) erlässt den beantragten Beschluss nach § 887 ZPO. Die Verpflichtung, eine Bauhandwerkersicherung zu leisten, stelle eine vertretbare Handlung i.S.v. § 887 ZPO dar. Da der AG bis zuletzt keine Sicherheit geleistet habe, sei die Ausübung seines Wahlrechts hinsichtlich der Art der Sicherheit in entsprechender Anwendung der §§ 262, 264 Abs. 1 BGB auf den AN übergegangen, der nach § 887 Abs. 1 ZPO Hinterlegung von Geld und zugleich nach § 887 Abs. 2 ZPO Vorauszahlung des hierfür erforderlichen Betrags verlangen könne (vgl. OLG Saarbrücken, IBR 2016, 369; OLG Hamm, IBR 2011, 141). Die fehlende Rechtskraft des Titels stehe dem nicht entgegen, weil das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar gewesen sei und der AG von seiner Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO keinen Gebrauch gemacht, also keine Sicherheit gestellt habe. Im Übrigen sei die Vollstreckung zulässig, weil durch die ausgesprochene Vorauszahlung an die Hinterlegungsstelle sichergestellt sei, dass der AN nicht nach Belieben über den Geldbetrag verfügen könne.

Praxishinweis
Die sofortige Beschwerde des AG gegen den Beschluss des LG ist mit Beschluss des OLG Köln vom 16.11 .2020 (11 W 22/20) zurückgewiesen worden. Hierzu hat das OLG „vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen“ des LG verwiesen. Die in der Praxis wohl eher seltene Vollstreckung eines Titels auf Leistung einer Bauhandwerkersicherung ist mühsam und zeitaufwendig. Da die Gerichte und Vollstreckungsorgane diesbezüglich anscheinend über wenig Erfahrung verfügen, empfiehlt es sich, die notwendigen Anträge jeweils möglichst sorgfältig und ausführlich sowie unter Verweis auf die bereits ergangene, auch vom LG Köln herangezogene Rechtsprechung zu begründen.

Erschienen im März 2021 bei ibr 2021. IMR im Internet.

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