Kontaminierte Böden


Bereits 2011 hatte sich der Bundesgerichtshof mit kontaminierten Böden befasst. Damals hatte der BGH mit Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11 festgestellt,

dass der öffentliche Auftraggeber dann keine besonderen Hinweise auf die Kontamination von Böden aufnehmen müsse, wenn sich dies aus den Umständen ergebe. Das damalige Urteil bezog sich darauf, dass Boden unterhalb einer teerhaltigen Asphaltschicht zu entfernen war. Das Gericht ging davon aus, dass schlicht zu erwarten sei, dass unter einer alten Asphaltdecke belasteter Boden vorzufinden sei, da die Schadstoffe der Asphaltschicht in den Boden sickern könnten. Der dortige Unternehmer konnte insofern keine Mehrkosten für die Entsorgung belasteten Bodens platzieren, obwohl er ursprünglich ausschließlich mit der Entsorgung unbelasteten Bodens kalkuliert hatte, da der Auftraggeber zu Belastungen geschwiegen hatte. Der BGH meinte, aufgrund der sonstigen Leistungsbeschreibung habe der Auftragnehmer mit der Schadstoffbelastung rechnen müssen.

Die Auftraggeber sollten sich allerdings nicht zu sehr freuen: Nunmehr hatte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 21.03.2013 – Az. VII ZR 122/11 nämlich einen Fall zu entscheiden, bei welchem der öffentliche Auftraggeber erneut vergessen hatte, mitzuteilen, ob und in welcher Form der dort auszuhebende Boden belastet sei. Zunächst stellte der Bundesgerichtshof heraus, dass ein Bieter einer öffentlichen Ausschreibung die Leistungsbeschreibung so verstehen dürfe, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen wolle. Danach wären – so führt das Gericht weiter aus – auch die wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, wie z.B. Bodenverhältnisse zu beschreiben. Unter Bezugnahme auf das oben angeführte Urteil teilt der Bundesgerichtshof nun ausdrücklich nochmals mit, dass nicht in jedem Fall eine ausdrückliche Angabe einer Bodenkontamination zwingend erforderlich sei. Auf sie könne verzichtet werden, wenn sich aus den gesamten Umständen des Vertrages ergebe, dass eine solche Kontamination tatsächlich zu erwarten sei. Dann aber, wenn ein solcher Schluss nicht zwingend ist, dürfe der Auftragnehmer so lange von einer fehlenden Schadstoffbelastung ausgehen, bis etwas Gegenteiliges in den Vergabeunterlagen mitgeteilt ist. Besonders interessant ist dieses Urteil vor dem Hintergrund, dass es auch hier um den unter einer Straße liegenden Boden ging, der eine Chloridkontamination aufwies. Der Auftraggeber wandte ein, der Bieter hätte diese Kontamination erkennen müssen, da er Kenntnisse vom Winterdienst auf der betreffenden Straße hätte haben müssen. Der Bundesgerichtshof ließ dies nicht ausreichen. Hintergrund war, dass der eingeschaltete Sachverständige zuvor ausdrücklich mitgeteilt hatte, dass trotz Winterdienstes eine Salzbelastung in den hier fraglichen Bodenschichten eher selten vorkomme. Damit aber verneinte der Bundesgerichtshof, dass sich aus den gesamten Vertragsumständen klar ergebe, dass eine Kontamination vorläge. Vielmehr hätte der Bieter durch den Auftraggeber bereits in den Vergabeunterlagen über eine etwaige Schadstoffbelastung unterrichtet werden müssen, was nicht geschehen ist. Insofern meinte der BGH, dass dem Unternehmer aufgrund dessen ein Anspruch auf Mehrvergütung zustehe.

Dankenswerterweise hat der Bundesgerichtshof nunmehr mit den beiden genannten Urteilen eine klare Grenzziehung vorgenommen: Nur dann, wenn sich aus den Umständen klar ergibt, dass eine Schadstoffbelastung im Boden vorliegen werde, genügt dies aus Sicht des Auftraggebers, um nicht das Risiko eines Mehrvergütungsanspruches einzugehen. Dann, wenn Zweifel verbleiben oder eine Belastung des Bodens nicht klar erkennbar ist, ist der Auftraggeber gehalten, die Schadstoffbelastung in den Vergabeunterlagen mitzuteilen. Tut er dies nicht, darf der Bieter und spätere Auftragnehmer von einer fehlenden Schadstoffbelastung ausgehen. Erweist sich diese Annahme später als fehlerhaft, kann er Mehrkosten wegen der Entsorgung nunmehr kontaminierter Böden geltend machen. Dennoch darf aus Sicht des Auftragnehmers keine Entwarnung gegeben werden: Ausschreibungsunterlagen sind mit hohem Sachverstand darauf zu untersuchen, ob sich nicht tatsächlich Belastungen aus den Umständen ergeben. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann mit unbelasteten Böden kalkuliert werden.

Die vereinbarungsgemäße Ausführung kann einen Mangel darstellen

Die Situation wirkt auf den ersten Blick erstaunlich: Ein Auftraggeber und ein Auftragnehmer vereinbaren eine konkrete Leistungsausführung. Nehmen wir als Beispiel an, dass insofern eine Pflasterung einer Garagenzufahrt unter ausschließlicher Verwendung von Kreuzfugen, zudem trotz gesägter, ungefaster Steine fugenlos gelegt werden soll. Als es zu Abplatzungen und Verschiebungen kommt, wendet der Auftraggeber Mängel ein. Der gerichtlich beauftragte Sachverständige stellt fest, die Abplatzungen und Verschiebungen des Pflasters seien auf die Kreuzfugen und die fugenlose Verlegung zurückzuführen. Der Auftragnehmer lässt sich verklagen und wendet im Prozess ein, genau diese Ausführung sei doch vertraglich vereinbart gewesen. So mancher würde nun auf die Idee kommen, dass der Auftragnehmer diesen Prozess doch gewinnen müsste. Dies trifft jedoch nicht zu, wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 134/12 festgestellt hat.

Das Gericht verwies darauf, dass der Unternehmer bei Abschluss eines Bauvertrages stillschweigend verspreche, die allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten. Verstößt er hiergegen, stellt dies einen Werkmangel dar. Dass innerhalb des vereinbarten Leistungssolls eine von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Leistungsausführung vereinbart wurde, rettet den Auftragnehmer nicht. Vielmehr hätte dieser im Zuge der Vereinbarung ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass die vereinbarte Bauweise nicht den üblichen Standards entspreche. Das Gericht verwies insofern auf sein Urteil vom 20.12.2012 – VII ZR 209/11 sowie auf das weitere Urteil vom 04.06.2009 – VII ZR 54/07. Der Auftraggeber müsse, damit eine hinreichende Vereinbarung einer Ausführungsart unterhalb der Regeln der Technik getroffen werde, darüber informiert werden, dass damit von den üblichen Qualitätsstandards zu seinen Ungunsten abgewichen werde. Hierauf könne allenfalls dann verzichtet werden, wenn der Auftraggeber selbst hinreichend sachkundig sei und dementsprechend beurteilen könne, dass die Leistungsausführungdie Regeln der Technik nicht einhalte.

Soll also eine Ausführungsvariante gewählt werden, die von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweicht, muss der Auftragnehmer den Auftraggeber hierüber zwingend informieren. Dabei sollte vorsorglich detailliert dargestellt werden, wo genau die Nachteile liegen, damit auch der bautechnisch unerfahrene Laie die Konsequenzen einer derartigen Bauweise überblicken kann.

Verstehe deinen Anwalt – essentialia negotii

Finden die Kochprofis oder der Herr Rach oder wen es da sonst noch gibt, in einer Küche nur Essigessenz und keinen guten Balsamicoessig von handgestreichelten Trauben, wissen sie regelmäßig, dass mit dem Restaurant nicht allzu viel los sein kann. Schließlich fehlen bereits die Grundlagen, um ein Gaumenkitzeln beim Gast herbeizuführen. Restaurant schließen und was anderes anfangen kann dann nur noch die Lösung sein. Kommt der gescheiterte Gastwirt zur Arbeitsvermittlung, könnte er ja vielleicht den Beruf des Juristen ergreifen. Dort kann er mit Essenzen bis zum Umfallen arbeiten: Fehlen nämlich in einem Vertrag die essentialia negotii, verfinstert sich die Mine des Rechtsanwalts und man kann ein vielsagendes „Tze-tze-tze“ hören. Bei den essentialia negotii handelt es sich um die Hauptbestandteile eines Vertrages, also dessen Essenz. Das sind im Wesentlichen die Leistungen, die die Parteien einander versprechen. Der gescheiterte Koch und jetzige Rechtsanwalt muss also darauf achten, dass bei Verträgen die essentiellen Punkte geregelt sind. Die handgestreichelte Balsamicovariante dürfte damit in diesem neuen Betätigungsfeld eher eine untergeordnete Rolle spielen. Guten Appetit!

Erschienen im Juni 2013 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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