Kündigungsrechte des Auftragnehmers von Bauleistungen


Kündigung bei Bauverzögerungen

In der letzten Ausgabe hatten wir festgestellt, dass der Auftragnehmer bei einer dreimonatigen Bauunterbrechung einen Bauvertrag außerordentlich kündigen kann. Aber auch andere Störungen aus dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers können zu solch einem Kündigungsrecht führen.

Kündigung wegen Gläubigerverzug

So gibt es die Möglichkeit der so genannten „Kündigung wegen Gläubigerverzugs“. Mit dieser kompliziert anmutenden, in § 9 Nr. 1a) VOB/B bzw. den §§ 293 ff. BGB geregelten Konstruktion ist gemeint, dass der Auftraggeber von Bauleistungen von ihm zu erbringende Handlungen unterlässt und es deshalb dem Bauunternehmer nicht möglich ist, die von ihm geschuldeten Bauleistungen zu erbringen. Der praktische Regelfall ist der fehlende Abruf der Bauleistungen, die fehlende Übergabe der für die Ausführung notwendigen Planunterlagen und insbesondere die fehlende Zurverfügungstellung des Baufeldes. Letztlich fällt hierunter auch eine länger andauernde, bauseitige Behinderung, die es unmöglich macht, dass der Bauunternehmer seine Leistungen beginnt bzw. zu Ende führen kann.

In diesen Situationen ist der Bauunternehmer nicht dazu gezwungen, hilflos abzuwarten, bis er denn endlich loslegen kann. Vielmehr kann er seinerseits unter bestimmten Voraussetzungen das Vertragsverhältnis kündigen.

Inverzugsetzung

Unter dem seltsam klingenden Begriff der Inverzugsetzung versteht man, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber dazu auffordern muss, die von diesem vorzunehmenden Handlungen auszuführen. Weiter muss der Bauunternehmer seinem Auftraggeber die von ihm geschuldeten Bauleistungen in einer Art und Weise anbieten, die zu einem Verzug des Auftraggebers in Bezug auf die Leistungsannahme führen. Die Einzelheiten hierfür sind in den §§ 293 ff. BGB geregelt.

Letztlich handelt es sich um eine Art Erinnerung/Mahnung des Auftragnehmers an den Auftraggeber. Rein praktisch sollte hierzu stets die Behinderung mit der Ausführung der geschuldeten Bauleistungen nach § 6 Nr. 1 VOB/B angezeigt werden. Ergänzend sollte der Auftraggeber dazu aufgefordert werden, die ihm obliegenden Handlungen vorzunehmen, beispielsweise für Baufreiheit zu sorgen. Schließlich sollten dem Auftraggeber die eigenen Leistungen ausdrücklich angeboten werden, beispielsweise in der Form, dass erklärt wird, dass man dazu willens und bereit ist, die betreffenden Arbeiten jetzt durchzuführen. Selbstverständlich sind diese Erklärungen schon aus Beweisgründen immer schriftlich abzugeben.

Nachfristsetzung

Sodann ist es noch erforderlich, dass der Bauunternehmer seinem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung, d.h. zur Vornahme der von ihm durchzuführenden Handlungen, setzt und hierbei ausdrücklich ankündigt, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde (9 Nr. 2 VOB/B).

Kündigungserklärung

Die nachfolgende Kündigung muss dann schriftlich erklärt werden. Hierbei ist ein wesentlicher Unterschied zwischen den Regelungen der VOB/B und den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu beachten. Nach der VOB/B kann und muss die Kündigungserklärung gesondert nach Ablauf der Nachfrist abgegeben und zugestellt werden.

Nach § 643 BGB hat der Bauunternehmer seinem Auftraggeber zur Nachholung der erforderlichen Handlung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, dass er den Vertrag kündige, wenn die Handlung nicht bis zum Ablauf der Frist vorgenommen werde. Der Vertrag gilt als aufgehoben, wenn nicht die Nachholung bis zum Ablauf der Frist erfolgt ist.

In einem reinen BGB-Vertrag treten die Kündigungswirkungen also ohne weiteren formellen Ausspruch einer Kündigungserklärung schon dann ein, wenn die unter Androhung der Kündigung gesetzte Nachfrist erfolglos verstrichen ist. Während der Bauunternehmer bei einem VOB/B-Vertrag nach Ablauf der von ihm gesetzten Nachfrist immer noch entscheiden kann, ob er kündigen will oder nicht, ist ihm diese Wahlmöglichkeit im BGB-Vertrag genommen.

Der Bauunternehmer sollte also unbedingt sorgfältig prüfen, ob die VOB/B rechtswirksam zur Vertragsgrundlage gemacht wurde und welche Erklärungen er im Rahmen seiner Nachfristsetzung abgibt.

Unsere Rechtstipps

Falls Sie wirklich ernsthaft beabsichtigen sollten, ein Vertragsverhältnis auf dieser Grundlage zu kündigen, empfiehlt es sich aufgrund der hiermit verbundenen Risiken und der gravierenden Rechtsfolgen, zumindest kurz spezialisierten anwaltlichen Rat einzuholen.

Übrigens: Die rechtlich korrekt vorbereitete Androhung einer Kündigung kann auch schon deshalb hilfreich sein, um die Durchsetzung von Mehrkosten durch eine Bauzeitverzögerung zu erleichtern. Gelingt es Ihnen, Ihrem Auftraggeber klarzumachen, dass er sich möglicherweise einen neuen Auftragnehmer suchen muss, wird er eher dazu bereit sein, Ihnen eine bestimmte Mehrvergütung zuzugestehen. In dieser Situation kommen Sie also eventuell um die ansonsten äußerst komplizierte Berechnung Ihrer verzögerungsbedingten Mehrkosten herum.

Erschienen im September 2009 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.

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