Rechtliche Grundlagen des Winterdienstes


Kaum ist der schöne Sommer vorbei, schauen wir nach vorne und beschäftigen uns aus gegebenem Anlass mit rechtlichen Aspekten des Winterdienstes.

Hierzu hat der Bundesgerichtshof nämlich am 06.06.2013 (Az. VII ZR 355/12) ein Urteil erlassen, in welchem verschiedene Aspekte derartiger Leistungen rechtlich beleuchtet worden sind.

Werkvertragsrecht ist anwendbar

Zum einen hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung festgehalten, dass dann, wenn der Unternehmer sich dazu verpflichtet, bestimmte Flächen entsprechend den öffentlich-rechtlichen und/oder privaten Verkehrssicherungspflichten von Schnee- und Eisglätte freizuhalten, grundsätzlich ein Werkvertragsverhältnis vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn die Vergütung des Werkunternehmers nicht anhand tatsächlich durchgeführter Leistungen, beispielsweise der Zahl der Räumvorgänge, ermittelt, sondern in Form eines pauschalen, nach Zeitabschnitten bemessenen Entgeltes ausgewiesen wird.

Unabhängig von der in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Auffassung, dass die ordnungsgemäße Ausführung des Winterdienstes neben den eigentlich notwendigen Räum- und Streumaßnahmen auch eine dauerhafte Überwachung der Wetterlage und der zu pflegenden Flächen beinhaltet und das Leistungen des Winterdienstes deshalb eher dienstvertraglichen Charakter hätten, hat der BGH betont, dass der Schwerpunkt des Vertrages weiterhin auf dem Erfolg der geschuldeten Leistungen, nämlich für eine Freihaltung der vereinbarten Flächen von Schnee und Eisglätte, liege. Wetterbeobachtungen und Prognosen dienten lediglich dazu, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die hierfür eigentlich notwendigen Leistungen (Räumen und Streuen) erbracht werden müssen.

Nach diesen rundherum überzeugenden Ausführungen dürften wohl nahezu alle Formen von Winterdienstverträgen dem Werkvertragsrecht unterfallen. Der durchaus entscheidende Unterschied zum Dienstvertragsrecht liegt darin, dass der Unternehmer nicht nur die Durchführung der eigentlichen Arbeiten des Räumens von Schnee und Eis und des Streuens von abstumpfenden Stoffen, sondern darüber hinaus auch den hiermit beabsichtigten Erfolg, nämlich die Herstellung eines verkehrssicheren Zustandes, schuldet.

Erfreulicherweise hat der Bundesgerichtshof sich im Rahmen seines Urteils vom 06.06.2013 dann auch mit den sich aus der Qualifizierung des Winterdienstvertrages als Werkvertrag ergebenden Folgen beschäftigt.

Abnahme regelmäßig entbehrlich

Wie wir alle wissen, bedarf es bei einer Werkleistung für die Fälligkeit der Vergütung einer Abnahme. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber nach Herbeiführung des Werkerfolgs durch den Auftragnehmer diesen Erfolg als im Wesentlichen und ohne erhebliche Mängel vertragsgerecht bestätigen muss. Dies würde im Fall der Durchführung von Winterdienstleistungen aber naturgemäß erheblichen praktischen Problemen begegnen, denn wie schnell ist bei starkem Schneefall die gerade noch so schön freigeräumte Fläche nicht schon wieder mit einer weißen Decke überzogen.

Der Bundesgerichtshof löst dieses Problem ganz pragmatisch und hält fest, dass eine Abnahme aufgrund der Natur des Winterdienstvertrages ausscheide (§ 646 BGB). Sinn und Zweck des Winterdienstes sei es, dass der Auftragnehmer diesen versieht, ohne dass der Auftraggeber jedes Einsatzergebnis billigen soll. Er solle gerade davon freigestellt werden, seinerseits die Witterung im Blick zu behalten und bei Schneefall bzw. Eisglätte am Ort des Winterdienstes zu erscheinen. Auch zum Ende der vereinbarten Wintersaison sei das Werk nicht mehr abnahmebedürftig, denn an einer Abnahme zu diesem Zeitpunkt bestehe für den Auftraggeber kein Interesse mehr.

Gibt es also keine besonderen vertraglichen Vereinbarungen, kann beim Winterdienst eine Abnahme der jeweiligen einzelnen Leistungen und auch der Gesamtleistung am Ende der Winterperiode ersatzlos entfallen.

Mängel

Direkt hieran anschließend stellt sich die Frage, wie mit eventuellen Mängeln der Werkleistungen des Auftragnehmers, hier also Defiziten bei der Durchführung einzelner Einsätze, rechtlich umgegangen werden muss.

Aus dem normalen Werkvertragsrecht weiß man ja, dass der Auftraggeber dann, wenn er einen Mangel an der fertig gestellten Leistung feststellt, dem Auftragnehmer zuerst die Möglichkeit geben muss, diesen Mangel selbst zu beheben, bevor er irgendwelche anderen Ansprüche wie Schadensersatz in Form der Kosten der Mängelbeseitigung oder Ähnliches geltend machen kann. Erneut ist festzustellen, dass dies im Falle von Winterdienstleistungen wenig praktikabel ist, da der geschuldete Werkerfolg, nämlich die Herstellung eines verkehrssicheren Zustandes durch Beseitigung von Schnee- und Eisglätte, eigentlich nicht in Form einer Mängelbeseitigungsleistung nachträglich hergestellt werden kann. Hintergrund hierfür ist die zeitliche Komponente der geschuldeten Leistungspflicht. Es ist nun einmal nicht möglich, rückwirkend den an einem bestimmten Tag geschuldeten verkehrssicheren Zustand später herzustellen. Vielmehr kann dieser Zustand immer nur zum aktuell gültigen Datum geschaffen werden. Befand sich die jeweilige Fläche entgegen den vertraglichen Vereinbarungen zu irgendeinem Zeitpunkt in einem nicht verkehrssicheren Zustand, weil Schnee- und Eisglätte nicht beseitigt worden waren, so lässt sich an diesem negativen Werkerfolg rückwirkend nichts mehr ändern.

Erneut findet der BGH eine einfache, pragmatische Lösung: Eine Fristsetzung des Auftraggebers zur Nacherfüllung, d.h. zur Mängelbeseitigung wegen unzureichender Schnee- und Glättebeseitigung, sei gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB unter Abwägung der beiderseitigen Interessen aufgrund der besonderen Umstände entbehrlich. Angesichts des mit einer Nachfristsetzung notwendigerweise verbundenen Zeitverlusts sei es dem Auftraggeber nicht zuzumuten, dem Unternehmer zunächst eine – wenn auch kurze – Nachfrist zu setzen, weil in diesem Zeitraum nicht hinnehmbare Gefahren für Gesundheit von Anwohnern, Besuchern und anderen Verkehrsteilnehmern entstehen könnten. Vielmehr stehe dem Auftraggeber in dieser Konstellation sofort ein Anspruch auf eine Herabsetzung des vereinbarten Werklohns (rechtlich also eine Minderung) zu.

Für den Unternehmer, welcher Winterdienstleistungen durchführt, bedeutet dies, dass dann, wenn er seine Leistungen tatsächlich nicht ordnungsgemäß erbracht hat, ohne weiteres sofort eine Kürzung seines Werklohnanspruchs droht. Dieses Ergebnis lässt sich im Übrigen auch nicht durch Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Auftraggeber zunächst nur eine Nachbesserung fordern kann, vermeiden. Auch dies hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 06.06.2013 unter Hinweis darauf, dass derartige Formularbestimmungen gegen Treu und Glauben verstoßen, festgehalten.

Von unserer Seite aus ist in diesem Zusammenhang noch anzumerken, dass die vorhergehenden Ausführungen zur Entbehrlichkeit einer Nachfristsetzung wohl nur dann zutreffend sein dürften, wenn der Auftraggeber ausschließlich einer Herabsetzung der Vergütung des Auftragnehmers (= Minderung) verlangt. Will der Auftraggeber demgegenüber einen Schadensersatzanspruch aufgrund der tatsächlich entstandenen oder fiktiven Kosten für eine Mängelbeseitigung durch ein Drittunternehmen geltend machen, muss er dem Auftragnehmer nach unserer Auffassung durchaus eine Nachfrist setzen, denn die hierdurch eintretende zeitliche Verzögerung würde ja auch im Falle der Beauftragung eines Drittunternehmens in gleicher Art und Weise entstehen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist insoweit also kein Freibrief für die Auftraggeber.

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Vielleicht kann der eine oder andere sich noch daran erinnern, dass Hannibal Lecter diesen rechtlichen Grundsatz in dem Thriller „Das Schweigen der Lämmer“ mehrfach von der Agentin Starling eingefordert hatte. Möglicherweise beschleicht den Laien dann, wenn er diese lateinische Formulierung von einem Juristen hört, auch deshalb ein komisches Gefühl. Allerdings ist die Erklärung des Begriffs vergleichsweise banal und erhält nur durch die Übersetzung ins Lateinische eine Überhöhung. Letztlich ist hiermit nämlich lediglich gemeint, dass jemand, der etwas gibt, hierfür eine angemessene Gegenleistung erhalten soll. Aber hiermit kann man ja nun wirklich niemanden beeindrucken.

Erschienen im Oktober 2013 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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