Spezieller Fall: Ein Sommer in Kanada


Es gibt Fälle, die kann man sich besser gar nicht ausdenken: Stellen Sie sich vor, Sie hätten noch Kapazitäten im Sommer frei, als plötzlich ein reicher Geschäftsmann bei Ihnen hereinplatzt und Sie bittet, für ihn Bauleistungen in Kanada auszuführen.

Diese sollen exakt drei Monate andauern, da die Insel auf der diese stattfinden, im Winter nicht erreichbar sei. Da Sie ohnehin nichts anderes vorhaben, werden Sie sich schnell handelseinig und Ihr Auftraggeber bucht Ihnen und Ihrer Mannschaft Flüge nach Kanada.
Da Sie aber im kommenden Jahr bereits ausgebucht sind, weil dort ein Bauvorhaben in Australien ansteht, teilen Sie Ihrem Auftraggeber mit, dass die Arbeiten im Folgejahr nicht von Ihnen fortgesetzt werden könnten, sollten sie nicht beendet sein. Auch dies nimmt Ihr Auftraggeber hin, da er von Ihren Qualitäten zu Recht absolut überzeugt ist. Es mag die kanadische Luft oder der kanadische Whisky gewesen sein, jedenfalls wird das Bauvorhaben innerhalb der vereinbarten drei Monate nicht fertiggestellt. Es fehlen sogar elementare Leistungen an zwei Einzelobjekten. Da jedoch der Rückflug schon gebucht ist und auch der Auftraggeber vor Ort zugegen ist, trifft man sich zu einer gemeinsamen Begehung.
Dort teilte der Bauherr mit, dass „das schon passt und alles in Ordnung ist“. Zudem äußert er, dass „soweit alles wunderbar“ sei. Offenbar noch bester Laune, setzt man sich sodann in den Flieger zurück nach Deutschland. Die Arbeiten werden im Folgejahr durch den Bauherrn selbst fortgesetzt, als er plötzlich eines Mangels offenbar wird. Diesen wendet er ein und setzt eine Frist zur Mängelbeseitigung, die unser Landschaftsbauunternehmer verstreichen lässt. Er ist nämlich der Meinung, überhaupt keinen Mangel herbeigeführt zu haben. Außerdem stellt er sich auf den Standpunkt, der Auftraggeber müsse einen potentiellen Mangel beweisen, da dieser seinerzeit eine Abnahme erklärt habe.
Auftraggeber scheitert vor Gerichten
Das möchte sich dieser nicht gefallen lassen und klagt zunächst vor dem Landgericht Kempten, wo er ebenso wenig Erfolg hat wie beim Oberlandesgericht München (Beschluss vom 23. Februar 2017 – 27 U 3351/16 Bau). Auch die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies der BGH schließlich mit Beschluss vom 10.07.2019 – VII ZR 75/17 zurück. Die Gerichte stellten sich auf den Standpunkt, durch die Äußerungen des Auftraggebers während der Begehung seien die Arbeiten des Unternehmers abgenommen worden, weswegen der Auftraggeber die Beweislast für die Frage der Mangelhaftigkeit trage. Diesen Beweis habe der Auftraggeber indessen nicht Das Urteil ist aus zwei Gründen durchaus interessant: Zum einen zeigt es, dass ein Unternehmer zwar erst dann die Abnahme verlangen kann, wenn er seine Leistungen im Wesentlichen mangelfrei hergestellt hat. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Auftraggeber die Abnahme nicht bereits zuvor, quasi aus freien Stücken erklären könne. Zudem genüge es, dass sich aus den Äußerungen des Auftraggebers ergebe, dass er die Arbeiten quasi für abgeschlossen halte.

Anwesenheit relevant
Vorliegend spielte auch die vereinbarte Bauzeit eine große Rolle, da den Parteien bewusst gewesen ist, dass weitere Tätigkeiten des Unternehmers nicht erfolgen würden. Bei der Abnahme handele es sich außerdem um die körperliche Entgegennahme bzw. Hinnahme des Werkes durch den Besteller verbunden mit der Billigung des Werkes als im Wesentlichen vertragsgerechte Leistung. Dabei muss eine Abnahmeerklärung keineswegs den Begriff „Abnahme“ enthalten. Es genügt, dass sich gerade die genannten Elemente aus dem Verhalten des Auftraggebers entnehmen ließen. Die Äußerungen des Auftraggebers zielten somit genau auf den Erklärungsgehalt der Abnahme ab. Wegen der Begleitumstände war ferner davon auszugehen, dass die Parteien sich dahingehend einig waren, dass der endgültige Leistungsstand erreicht war.

DEGA-Tipp: Es empfiehlt sich dennoch, bei jedem einzelnen Bauvorhaben eine förmliche Abnahme durchzuführen, an deren Ende ein Abnahmeprotokoll steht. Dies erleichtert die Beweisführung ungemein, wenngleich auch, wie es der vorliegende Fall zeigt, ein Beweis durch Zeugen durchaus gelingen kann, wenn der Auftraggeber die Abnahme mündlich, gegebenenfalls sogar mit ungewöhnlichen Worten erklärt.

Erschienen im Februar 2020 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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