Umlage verbrauchsunabhängiger Betriebskosten nach Köpfen – nicht immer unwirksam


1. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach die verbrauchsunabhängigen Betriebskosten im Verhältnis der Anzahl der Mieter umgelegt werden, kann zu unbilligen Ergebnissen führen und deshalb unwirksam sein.
2. Der Vermieter, der eine solche Vertragsklausel gestellt hat, kann sich hierauf allerdings nicht berufen. Dies bleibt dem Mieter als Vertragspartner des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorbehalten.

AG Bonn, Urteil vom 27.10.2021 – 204 C 56/21, Volltext: IMRRS 2022, 0829 = BeckRS 2021, 43335 BGB § 307 Abs. 1, § 556a Abs. 1

Problem/Sachverhalt
Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Vermieters werden mit Ausnahme der Kosten für Heizung und Warmwasser die Betriebskosten im Verhältnis der Anzahl der Mieter der Wohnung zur Gesamtzahl der Mieter im Haus umgelegt. Unter Berufung auf eine entsprechende mietvertragliche Regelung möchte der Vermieter (mit Zustimmung sämtlicher anderen Mietparteien) die Betriebskosten mit Ausnahme der Kalt- und Abwasserkosten sowie der Müllabfuhr nach der Wohnfläche umlegen. Hierzu beruft er sich u. a. darauf, dass die mietvertraglich vorgesehene Verteilung der verbrauchsunabhängigen Betriebskosten nach Anzahl der Personen unwirksam sei. Der Mieter möchte, dass es beim bisherigen Verteilungsschlüssel für die Betriebskosten verbleibt.

Entscheidung
Das Amtsgericht folgt dem Mieter. Zwar ist es möglich, dass die Klausel, wonach die Betriebskosten mit Ausnahme der Kosten für Heizung und Warmwasser im Verhältnis der Anzahl der Mieter umgelegt wird, unwirksam ist, weil eine Umlage nach der Personenanzahl bei verbrauchsunabhängigen Betriebskosten wie der Grundsteuer erkennbar zu unbilligen Ergebnissen führen kann. Auf die Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer entsprechenden Vertragsklause l in AGB kann der Vermieter sich aber nicht berufen, weil sich nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur der Vertragspartner des Verwenders auf die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel berufen darf. Vorliegend war die Vertra gsklausel für den hier betroffenen Mieter einer allein genutzten Wohnung von 80 qm aber eher vorteilhaft, weshalb dieser an der entsprechenden Kostenverteilung festhalten wollte.

Praxishinweis
Die Entscheidung des Amtsgerichts ist hinsichtlich der Anwendung des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zutreffend. Häufig wird übersehen, dass sich nur der Vertragspartner gegenüber dem Verwender der AGB auf deren Unwirksamkeit berufen darf, aber keineswegs muss (BGH, IMR 2018, 274; Urteil vom 20.09.2017 – VIII ZR 250/ 16, IMRRS 2017, 1420). Dies führt in der vorliegenden Konstellation zu dem seltsamen Ergebnis, dass die Umlage der Betriebskosten gegenüber einzelnen Mietern, die sich hierauf berufen, nicht nach Köpfen erfolgen darf, während sie bei anderen Mietern, die hiervon profitieren, nach diesem Schlüssel erfolgen muss. Die im Urteil ebenfalls vertretene Auffassung des Amtsgerichts, eine Unwirksamkeit der Umlage nach der „Gesamtzahl der Mieter“ im Haus läge deshalb nicht vor, weil die Parteien die Klausel einvernehmlich so verstanden und praktiziert hätten, dass hiermit nicht die Mietvertragsparteien, sondern die jeweils in der Wohnung lebenden Personen gemeint wären, ist zweifelhaft. Für die Auslegung von AGB kommt es grundsätzlich nicht auf das individuelle Verständnis der jeweiligen Vertragsparteien zu irgendeinem Zeitpunkt an, sondern auf eine objektiv-generelle Betrachtung anhand der typischerweise anzutreffenden Interessenlage (BGH, Urteil vom 27.09.2000- VIII ZR 155/ 99, IMRRS 2003, 1464; Urteil vom 20.01.2000 – VII ZR 46/ 98, IBRRS 2000, 0822; Grüneberg, in: ders., 81 . Aufl.,§ 307 BGB, Rz. 8). Auch hier wäre es dem Gericht möglich und ausreichend gewesen, darauf zu verweisen, dass sich jedenfalls der Vermieter auf eine entsprechende Unwirksamkeit gegenüber dem betroffenen Mieter nicht berufen konnte.

Erschienen im Oktober 2022 bei IMR 10/2022. IMR im Internet.

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