Wann darf der AG einen Mangel zu Lasten des AN beseitigen?


Ein aus Sicht des Auftragnehmers erstaunlich positives Urteil hat der Bundesgerichtshof am 23.02.2005 – Az.: VIII ZR 100/04 gefällt. Sowohl nach der VOB/B als auch nach dem BGB hat ein Auftragnehmer nicht nur eine Pflicht zur Mängelbeseitigung sondern ausdrücklich auch ein Recht hierauf. Das bedeutet, dass ihm der Auftraggeber zunächst die Gelegenheit geben muss, verursachte Mängel zu beseitigen.

Nur wenn eine zur Mängelbeseitigung gesetzte angemessene Frist fruchtlos verstrichen oder eine solche Fristsetzung aus besonderen Gründen gar nicht notwendig ist – etwas weil der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung endgültig verweigert – , ist der Auftraggeber nach § 637 Abs. 1 BGB bzw. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B berechtigt, die Mängelbeseitigung selbst durchzuführen oder durch einen Dritten durchführen zu lassen. Hierfür kann er dann vom (ehemaligen) Auftragnehmer Kostenersatz verlangen. Liegen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor, meinten bislang viele Literaturstimmen, der zur Mängelbeseitigung verpflichtete Auftragnehmer müsse sich gegenüber dem Auftraggeber zumindest dasjenige anrechnen lassen, was er dadurch erspart hat, dass er die Mängelbeseitigung gerade nicht durchgeführt hat.

Dem tritt der Bundesgerichtshof entgegen. Liegen die Voraussetzungen des Selbstvornahmerechts nicht vor, kann der Auftraggeber den Auftragnehmer nicht an den Kosten der selbst durchgeführten oder fremd vergebenen Mängelbeseitigung beteiligen. Dem ist zuzustimmen: Das Gesetz sieht vor, dass der Auftragnehmer zur Mängelbeseitigung nicht nur verpflichtet sondern auch berechtigt ist. Dieses Recht untergräbt der Auftraggeber, wenn er die Mängelbeseitigung ohne weiteres einem Dritten überlässt. Für dieses rechtswidrige Verhalten soll er nicht noch belohnt werden. Zwar hatte der Bundesgerichtshof die Angelegenheit in einem kaufrechtlichen Fall zu entscheiden. Sie dürfte jedoch auf das Werkvertragsrecht übertragbar sein. Hiervon gehen auch die bislang veröffentlichten Kommentierungen aus.

Fazit:

Solange der Auftraggeber den Auftragnehmer nicht unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert hat und diese Frist verstrichen ist oder eine solche Fristsetzung nicht notwendig war, etwa weil der Auftragnehmer endgültig eine Mängelbeseitigung ablehnt, kann der Auftraggeber ihn nicht an den Kosten der Mangelbeseitigung beteiligen. Der Auftraggeber kann sich übrigens auch nicht darauf zurückziehen, er könne dem Auftragnehmer das Dreifache der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten vorenthalten. Dieses in § 641 Abs. 3 BGB fixierte Zurückbehaltungsrecht kann nur eingewandt werden, solange dem Auftragnehmer eine Mängelbeseitigung noch möglich ist und von ihm verlangt wird.

Campos-Tipp:

Bestehen Sie gegenüber Ihrem Auftraggeber auf das Recht zur Mängelbeseitigung. Verletzt der Auftraggeber dieses durch eigene Nachbesserungsarbeiten, fordern Sie von ihm den gesamten Werklohn – ohne Abzüge für den Mangel. Durch die unrechtmäßige Selbstbeseitigung ohne zuvor die entsprechenden Voraussetzungen hierfür geschaffen zu haben, hat sich der Auftraggeber um die Möglichkeit gebracht, Ihnen gegenüber Abzüge durchzusetzen.

Erschienen im Juni 2005 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.

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