Veröffentlichungen Miet- und Wohnungseigentumsrecht 2025


------ Veröffentlicht in der IMR 06-25 im Juni 2025:

Fast 40 Jahre „abgetaucht“: Mitmieter bleibt Mieter!

1. Selbst wenn ein Mitmieter seit über 30 Jahren nicht mehr in der Wohnung wohnt, folgt allein hieraus keine konkludente Erklärung oder Vereinbarung über die Entlassung aus dem Mietverhältnis.
2. Dies grundsätzlich auch dann nicht, wenn in dieser Zeit der gesamte Schriftverkehr nur zwischen dem anderen Mieter und der Vermieterseite geführt wird.
LG Berlin II , Urteil vom 19.1 1.2024 – 63 S 156/24, Vo lltexi: IMRRS 2025, 0434
BGB §§ 420, 542

Problem/Sachverhalt
1984 mieteten der Kläger und seine Lebensgefährtin eine Wohnung an. Der Vermieter richtete seit 1988 seine Mieterhöhungsbegehren ausschließlich an die Lebensgefährtin, die zwischen 1988 und 2015 acht Zustimmungserklärungen hierzu abgegeben hat. In einem ausschließlich gegen die Lebensgefährtin gerichteten Klageverfahren auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung im Jahr 1996 sowie in weiterer außergerichtlicher Korrespondenz zu Mieterhöhungen in den Jahren 2011 und 2018 hat sich die Lebensgefährtin ebenfalls nicht auf den Mitmieter berufen. In einem weiteren Verfahren auf Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen vom 29.07.2019 hat sich die Lebensgefährtin darauf berufen, nicht alleinige Mieterin der Wohnung zu sein. Mit Urteil vom 21.05.2021 (63 S 116/ 20) hat das LG Berlin die Lebensgefährtin zur Zustimmung verurteilt
und hierzu ausgeführt, dass sich die Lebensgefährtin, der hiesige Mitmieter und der Vermieter konkludent auf das Ausscheiden des Mitmieters aus dem Mietverhältnis geeinigt hätten. Unter Berücksichtigung der gesamten in den vorangegangenen 30 Jahren ausschließlich mit der Lebensgefährtin geführten Korrespondenz sei es treuwidrig, dass diese sich darauf berufe, dass das Mieterhöhungsverlangen nicht auch an den Mitmieter gerichtet gewesen wäre. Am 13.04.2023 behauptete der Vermieter gegenüber der Lebensgefährtin, dass das Mietverhältnis ausschließlich mit ihr und nicht auch mit dem Mitmieter bestehe, woraufhin der Mitmieter Klage auf Feststellung erhoben hat, dass auch er Mieter der Wohnung sei.

Entscheidung
Während das Amtsgericht die Klage noch abgewiesen hat, wird ihr durch das Landgericht stattgegeben. Der Mitmieter sei ursprünglich unstreitig Mieter geworden. Es könne nach dem Vortrag des Vermieters nicht festgestellt werden, dass der Mitmieter nachträglich konkludent aus dem Mietverhältnis ausgeschieden sei bzw. hieraus entlassen worden wäre. Die hierfür notwendigen Willenserklärungen in Form von Angebot und Annahme lägen nicht vor. Insbesondere gebe es keine Erklärung und auch kein Verhalten des Mitmieters, aus dem der Wunsch oder die Zustimmung zu einer Entlassung aus dem Mietvertragsverhältnis geschlossen werden könne. Auf die zwischen den Parteien strittige Frage, ob der Mitmieter schon vor Jahrzehnten ausgezogen sei oder nicht, komme es nicht an, weil eine Verpflichtung zur Nutzung der Wohnung nicht bestehe. Kenntnis des Mitmieters oder gar eine Zustimmung zu der ausschließlich durch und mit seiner Lebensgefährtin geführten Korrespondenz sei nicht dargelegt worden. Das Urteil vom 21 .05.2021 habe lediglich das Verhältnis der Vermieterseite zur Lebensgefährtin betroffen und entfalte somit kein Präjudiz für das Verhältnis zum Mitmieter.

Praxishinweis
Das Urteil ist zutreffend. Für die Entlassung eines Mitmieters aus einem Mietvertragsverhältnis bedarf es einer dreiseitigen Vereinbarung und entsprechender Willenserklärungen. Eine derartige, grundsätzlich auch konkludent mögliche Willenserklärung des klagenden Mitmieters konnte der Vermieter nicht schlüssig vortragen. Der behauptete Auszug als aktives Verhalten reichte hierfür nicht aus. Aus der ansonsten unstreitigen Passivität des Mitmieters ließ sich ebenfalls nichts ableiten. Es konnte nicht schlüssig dargelegt werden, dass der Mitmieter überhaupt Kenntnis von den anderen Vorgängen und somit möglicherweise eine Handlungspflicht gehabt hätte, aus deren Unterlassung etwas hätte geschlossen werden können.

Erschienen im Juni 2025 bei IMR 06/2025. IMR im Internet.



------ Veröffentlicht in der IMR 2/2025 im Februar 2025:

Trotz neuer Rechtslage: Nicht ohne Weiteres Anspruch auf Erlaubnis eines Balkonkraftwerks!

Die Gestaltung der Anbringung eines außen an der Balkonbrüstung befestigten Balkonkraftwerks ist dem Vermieter nur bei Absicherung durch eine Versicherung und eine Sicherheitsleistung zumutbar.
AG Köln, Urteil vom 13.12.2024 – 208 C 460/23, Volltext: IMRRS 2025, 0015
BGB §§ 541, 554, 1004

Problem/Sachverhalt
Der volljährige Enkel der Mieterin einer Wohnung, der mit dieser dort lebt, hat mit Zustimmung der Mieterin im Sommer 2023 an der Außenseite des Balkons der angemieteten Wohnung im 2. Obergeschoss ein aus zwei Solarpaneelen bestehendes Balkonkraftwerk angebracht. Die Mieterin hat vorher keine Zustimmung des Vermieters eingeholt und auf mehrfache Aufforderung zur Entfernung nicht reagiert bzw. diese abgelehnt. Der Vermieter nimmt die Mieterin und deren Enkel noch im Jahr 2023 gerichtlich auf Beseitigung des Balkonkraftwerks in Anspruch und beruft sich neben der erheblichen optischen Veränderung des Mietobjekts u.a. auf den fehlenden Nachweis einer fachgerechten Anbringung, fehlenden Versicherungsschutz sowie die fehlende Leistung einer Sicherheit. Die Mieterin und ihr Enkel verweisen auf die diverse Male politisch angekündigte, tatsächlich mit Wirkung zum 17.10.2024 eingetretene Erweiterung des§ 554 BGB auf Steckersolargeräte.

Entscheidung
Die Mieterin und ihr Enkel werden zur Beseitigung der Solaranlage verurteilt. Letzterer als Handlungsstörer nach § 1004 BGB. Zwar bestehe nach der Neufassung des § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich ein Anspruch des Mieters auf Erlaubniserteilung. Dies gelte jedoch nicht, wenn dem Vermieter dies nach der Abwägung nicht zugemutet werden könne, was hier der Fall gewesen sei. Wegen des hohen Schadensrisikos bei Unwetter sei dem Vermieter die Genehmigung der außen deutlich sichtbar an der Balkonbrüstung angebrachten Solarpaneele nur bei entsprechender Absicherung durch eine Versicherung und eine Sicherheitsleistung zumutbar. Nur so könnten Haftungsrisiken durch Verletzung Dritter, Schäden am Haus oder Gegenständen Dritter ausreichend abgesichert werden. Gegenüber diesem nicht abgesicherten Haftungsrisiko müsse der Anspruch der Mieterin auf Erlaubniserteilung auch unter Berücksichtigung von Umweltschutzgedanken und Energiekostenersparnis zurücktreten.

Praxishinweis
Es dürfte sich um eine der ersten Entscheidungen zu der erst seit Mitte Oktober 2024 geltenden neuen Rechtslage handeln. Der Mieterin und ihrem Enkel ist es durch einen unbegründeten Befangenheitsantrag und eine Vielzahl von – letztlich ebenfalls unbegründeten – Beschwerden, u.a. im Prozesskostenhilfeantragsverfahren, gelungen, das bereits im Dezember 2023 eingeleitete Verfahren so weit zu verzögern, bis die politisch zwar schon lange angekündigte, angesichts der ständigen Differenzen in der damaligen Ampelkoalition aber keineswegs sichere Gesetzesänderung eingetreten war. Dies hat letztlich aber nichts genutzt, weil das AG Köln den Anspruch auf Erlaubniserteilung im Rahmen der nach § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung von der Leistung einer besonderen Sicherheit i.S.v. § 554 Abs. 1 Satz 3 BGB und dem Nachweis eines Haftpflichtversicherungsschutzes abhängig gemacht hat. Angesichts der für den Vermieter bei derartigen baulichen Veränderungen bestehenden Haftungs- und sonstigen Risiken ist diese Entscheidung, die sich an die Rechtsprechung zu anderen baulichen Veränderungen i.S.v. § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB anlehnt, zutreffend.
Erschienen im Februar 2025 bei IMR 02/2025. IMR im Internet.



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