Befangen oder nicht? Kumpels unter sich


Man kennt sich, man schätzt sich (oder auch weniger). Was unter Ärzten gilt, gilt auch unter Landschaftsgärtnern. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. August2021 (4W587/21), der im Ärztemilieu spielt, deckungsgleich im Zuge von Landschaftsbauarbeiten hätte auftreten können. Besser gesagt: in der späteren Abwicklung von Mängeln!

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Garten fertiggestellt und sind ganz zufrieden mit Ihrer Leistung. Der Kunde sieht dies jedoch gänzlich an­ ders und wählt, nachdem es zu keiner Lösung gekommen ist, den Weg zum Gericht. Das Gericht kann zu den tatsächlichen Grundlagen relativ wenig sagen und beauftragt einen Sachverständigen, der die Existenz der behaupteten Mängel untersuchen soll.

Die GalaBau-Welt ist klein
Nun ist die Branche (ebenso wie die ganze Welt) dann doch recht klein, und der Sachverständige und der Landschaftsgärtner kennen sich berufsbedingt. Dies allein wird sicherlich noch vergleichsweise unproblematisch sein, da die Bekanntschaft ja auch darauf beruhen könnte, dass man sich schlichtweg bereits in einigen Gerichtsprozessen gegenüber gestanden hat.
Skeptisch wurde der Kläger in dem obigen Fall, als er ein freundschaftliches „du“ vernahm. Das ging ihm zu weit, und er stellte einen Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit. So erstaunlich es auf den ersten Blick auch ist: Der Antrag wurde in beiden Instanzen zurückgewiesen. Zur Begründung führte das OLG Dresden aus, dass ein Sachverständiger abgelehnt werden könne, wenn hinreichende Gründe vorlägen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet seien, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu wecken. Betrachtet werden insofern die objektiven Gründe, die die Befürchtung wecken könnten, der Sachverständige sei nicht unvoreingenommen und unparteiisch.

Bekannt, mehr nicht
Das Problem lag darin, dass nur eine berufliche Bekanntschaft ohne ein besonderes Näheverhältnis zwischen Sachverständigem und Beklagtem existierte. Auch die Darstellung, dass beide vor Prozessbeginn in „freundschaftlich wirkender Pose“ mit „Berührung der Schulter“ beieinander gestanden hätten, brachten das Gericht von seiner Einschätzung nicht ab. Der Sachverständige galt als nicht befangen.

Tipp: Bedenken mit eigenem Anwalt besprechen
Haben Sie im Rahmen eines Prozesses Bedenken gegen die Neutralität eines Sachverständigen, sprechen Sie dieses Problem bitte in jedem Fall mit Ihrem Rechtsanwalt durch. Erörtern Sie dabei alle Ihnen bekannten Umstände, die Sie an der Neutralität zweifeln lassen. Nur auf dieser Grundlage kann entschieden werden, ob es sich überhaupt lohnt, einen Befangenheitsantrag zu versuchen. Ob dieser dann erfolgreich ist, steht ohnehin auf einem anderen Blatt, da das Gericht erst nach Anhörung des Sachverständigen in der Sache entscheidet.

Erschienen im Januar 2022 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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