Scheinen gerichtlich beauftragte Sachverständige nicht die notwendige Neutralität an den Tag zu legen, ist es möglich, sie wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Eine solche Besorgnis besteht dann, wenn ein subjektives Misstrauen an die Unparteilichkeit des Sachverständigen aus Sicht eines objektiven Dritten vernünftigerweise gerechtfertigt ist, wenn also auch ein besonnener Dritter das Verhalten oder die Situation des Sachverständigen als so kritisch ansehen würde, dass er ein parteiliches Gutachten als durchaus realistisch ansieht. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Sachverständige wirklich befangen ist, sondern darauf, ob eine entsprechende Sorge berechtigterweise besteht.
Geprüft wird das Verhalten des Sachverständigen
Dass eine Besorgnis der Befangenheit nach erstattetem Gutachten vor allem von der Partei behauptet wird, die mit dem Ergebnis des Gutachtens nicht zufrieden ist, liegt beinahe in der Natur der Sache. Die Gerichte prüfen bei einem Befangenheitsantrag aber vor allem das Verhalten des Sachverständigen und weniger die gutachterlichen Inhalte. In der Rechtsprechung und Literatur haben sich über die Jahrzehnte verschiedene Fallgruppen herausgebildet, nach denen die Annahme der Besorgnis der Befangenheit naheliegen kann.
Zu überprüfen ist dies dennoch stets am Einzelfall, da die Hintergründe des Verhaltens des Sachverständigen durchaus variieren können. So sollte der Sachverständige grundsätzlich davon absehen, allzu scharfe oder gar beleidigende Angriffe gegen eine der Parteien zu fahren. Er sollte stets neutral formulieren und sich von Meinungsäußerungen über die andere Partei fernhalten.
In einem Fall, den das Oberlandesgericht Dresden mit Beschluss vom 17. Dezember 2019 (Aktenzeichen 4 W 943/19) zu entscheiden hatte, verließ der Sachverständige auf den ersten Blick diesen Pfad der Tugend. Er sprach davon, dass „auch durch das ständige Wiederholen (…) diese Aussage nicht richtig wird“. Weiter stellte er die Frage, woher die Klägerseite die „irrige Vorstellung“ nehme. Er äußerte sich dahingehend, dass die klägerseitige Fragestellung sich „jeder Logik entzieht“, reagierte „mit Unverständnis“, unterstellte dem Kläger lediglich „Anfängerwissen“ und teilte mit, dessen Ansichten „finden sich in keinem Lehrbuch“.
Kein Wunder, wenn der Ton nicht stimmt
Was in so manchem Fall tatsächlich zu einer Entbindung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit geführt hätte, führte hier zu einer Abweisung des Befangenheitsantrags. Hintergrund war, dass der Kläger zuvor den Sachverständigen mit ganz ähnlichen Formulierungen angegangen war. Dieser habe „laienhaft“ formuliert. Sodann beendete der Kläger seine eigene Sichtweise mit Worten wie „dies müsste auch Laien verständlich sein“ bzw. kommentierte er seine Ausführungen gegenüber dem Sachverständigen mit den Worten, er habe diese „hoffentlich ausreichend laienverständlich formuliert“ und unterstellte dem Sachverständigen damit insgesamt fehlendes Wissen. In diesem Fall, so äußerte das OLG Dresden, dürfe der Sachverständige mit ähnlicher Schärfe zurückschlagen, ohne dass ihm dies negativ ausgelegt werde.
DEGA-Tipp: Es bringt den Parteien eines Gerichtsverfahrens regelmäßig nichts, den Sachverständigen scharf anzugreifen. Besser ist es, diesem mit deutlichen, aber neutralen Worten zu verstehen zu geben, warum dessen Ansichten nach eigenem Dafürhalten fehlerhaft sind. Kommt es dann zu verbalen Entgleisungen des Sachverständigen, kann ein Befangenheitsantrag durchaus erfolgreich sein.
Erschienen im März 2020 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.