Hat der Verkäufer einer Immobilie keine Anhaltspunkte dafür, dass die bisherige, langjährige Nutzung nicht genehmigt ist, muss er den Käufer nicht aktiv darauf hinweisen, dass ihm keine schriftliche Baugenehmigung vorliegt.
LG Köln, Urteil vom 22.11.2016 – 5 O 219/16 (nicht rechtskräftig)
BGB §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 3, 440, 444
Problem/Sachverhalt
Der Kläger kaufte unter umfänglichem Sachmängelgewährleistungsausschluss von der beklagten Behörde ein im Außenbereich befindliches Grundstück. Die dortigen Gebäude einer landwirtschaftlichen Hofanlage existieren mindestens seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Rahmen von Umbauten und einer Nutzungsänderung durch den Käufer stellte sich heraus, dass eine schriftliche Baugenehmigung bei der Baugenehmigungsbehörde nicht auffindbar war, weshalb die bisherige Nutzung behördlich nur noch geduldet wurde. Auch dem Verkäufer lag eine schriftliche Baugenehmigung nicht vor. Der Käufer verklagt den Verkäufer auf Schadensersatz in Form einer Wertminderung und beruft sich darauf, der beklagten Behörde sei das Fehlen einer Baugenehmigung bekannt gewesen. Diese habe den insoweit bestehenden Mangel ihm gegenüber arglistig verschwiegen, weshalb der vertraglich vereinbarte Sachmängelgewährleistungsausschluss nicht greife.
Entscheidung
Das Landgericht weist die Klage ab. Zwar stelle das Fehlen einer Baugenehmigung einen Mangel dar. Die Behörde könne sich aber auf den insoweit vereinbarten Sachmängelgewährsleitungsausschüsse berufen. Ein arglistiges Verschweigen im Sinne von § 444 BGB liege nicht vor, denn der Käufer habe schon keine hinreichenden Tatsachen dafür vorgetragen, dass die beklagte Behörde Kenntnis von dem Fehlen der Baugenehmigung gehabt habe. Allein der Umstand, bei Durchsicht der ihr vorliegenden Unterlagen hätte sich das Fehlen einer schriftlichen Baugenehmigung ergeben und die Behörde habe aus Organisationsgründen dafür Sorge tragen müssen, dass dies aufgeklärt wäre, reiche hierfür nicht aus. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Behörde positive Kenntnis von dem baurechtswidrigen Zustand gehabt und diesen arglistig verschwiegen habe. Eine Verpflichtung, etwaige unbekannte Mängel zu erforschen, um diese sodann dem Käufer mitteilen zu können, bestand nicht. Fahrlässige Unkenntnis des Verkäufers reiche für die Annahme eines arglistigen Verschweigens nicht aus. Voraussetzung für ein vorsätzliches Verschweigen des Mangels sei stets, dass der Verkäufer den konkreten Mangel kennt oder zumindest für möglich hält.
Praxishinweis
Das Urteil liegt auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11; Urteil vom 16.03.2012 – V ZR 18/11; Urteil vom 30.04.2003 – V ZR 100/02), der bereits mehrfach festgestellt hat, dass ein Verkäufer nur dann arglistig handelt, wenn er einen Mangel kennt bzw. mindestens für möglich hält, während es nicht ausreicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen möglicherweise aufgedrängt hätte. Vorliegend lag die Besonderheit darin, dass es sich um eine historische Hofanlage gehandelt hat und dass zu keinem Zeitpunkt positiv festgestellt werden konnte, dass diese niemals genehmigt worden war. Vielmehr existierte kein schriftlicher Beleg für eine entsprechende Genehmigung. Dennoch müssten die Grundsätze letztlich für jeden Immobilienverkauf gelten, denn es dürfte eher die Regel, als die Ausnahme darstellen, dass einem Verkäufer eines älteren, gebrauchten Hauses keine schriftliche Baugenehmigung (mehr) vorliegt, ohne dass hieraus positive Kenntnis von einer angeblich fehlenden Genehmigung oder gar eine Arglist abgeleitet werden könnten.
Ra und FA für Bau- und Architektenrecht und Miet- und Wohnungseigentumsrecht Klaus Feckler, Köln
Anmerkung der Redaktion
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt (Az: 28 U 43/16).
Erschienen im Januar 2017 bei IMR 01/2017. IMR im Internet.