Leitungskabelschäden und kein Ende: Wo Leitungen verlaufen könnten, Auskunft einholen


Zwar sind die Sorgfaltspflichten desjenigen, der insbesondere im öffentlichen Bereich Tiefbauarbeiten ausführt, durchaus streng, allerdings neigen die Leitungsinhaber und Betreiber, insbesondere Telekommunikationsunternehmen, nach unserer Erfahrung zu Folgendem: Wenn auch nur im Entferntesten die theoretische Möglichkeit einer Schadensverursachung durch einen Bauunternehmer besteht, nehmen sie diesen mit großer Vehemenz auf Schadensersatz in Anspruch, auch wenn hierfür keine greifbaren Anhaltspunkte, geschweige denn belastbare Nachweise existieren.

Möglicherweise besteht bei den Unternehmen, vor dem Hintergrund, dass es sich regelmäßig um versicherte Schäden handelt, dann eine Tendenz dazu, den Schaden über ihre Haftpflichtversicherung regulieren zu lassen. Eine Rechtspflicht hierzu besteht häufig aber nicht.

Leitungsauskunft nicht korrekt
In einem vom Landgericht Rostock (Urteil vom 20. Januar 2023 – 2 0 260/22) entschiedenen Sachverhalt hatte es der Telekommunikationsdienstleister wohl übertrieben. Vor seinen Arbeiten hatte der verklagte Tiefbauunternehmer bei dem Dienstleister brav eine Leitungsauskunft eingeholt, aus der sich der Verlauf eines Glasfaserkabels in einer Tiefe von etwa 0,7 m ergab; wobei in der Auskunft betont wurde, dass die genaue Kabellage durch Probeschlitze zu ermitteln sei. Nach den Bekundungen des Tiefbauunternehmens hatte dieses dann in einer Tiefe von etwa 0,6 m ein Schutzrohr mit Leitungen gefunden und gesichert. Für die spätere Beschädigung des Glasfaserkabels, das sich tatsächlich in einer Tiefe von 3,30 m befand, wollte er aus nachvollziehbaren Gründen aber nicht haften.
Auch das Landgericht Rostock ist in erfreulicher Klarheit davon ausgegangen, dass dem Tiefbauunternehmen insoweit kein Schuldvorwurf gemacht werden konnte. Der Einwand, dass die Leitungsauskunft zu früh (nämlich rund ein Jahr vor den Arbeiten) eingeholt worden wäre, sei ohne Substanz, weil nicht erläutert wurde, dass die Auskunft zu einem späteren Zeitpunkt anders ausgefallen wäre. Auch der Hinweis des Telekommunikationsunternehmens, dass es hier um ein Kabel in einer Trasse eines anderen Betreibers ging, greife nicht durch, weil sich Derartiges nicht einmal ansatzweise aus der eigenen Leitungsauskunft ergeben hatte. Auch angebliche, aber nicht rechtswirksam erfolgte Hinweise darauf, dass für den Inhalt der Leitungsauskunft keine Gewähr übernommen würde, könnten nicht zu einem Verschulden des Tiefbauunternehmers führen.

TIPP: Mit Abweichungen ist zu rechnen
Vor Tiefbauarbeiten im öffentlichen Bereich, aber auch auf Privatgrundstücken, auf Flächen, wo möglicherweise Leitungen verlaufen könnten, sollten Sie sich immer aktuelle Leitungsauskünfte der jeweiligen örtlichen, nötigenfalls aber auch überregionalen Versorgungsunternehmen oder seitens des Eigentümers des jeweiligen Grundstücks/des Auftraggebers Ihrer Leistungen einholen. Dabei dürfen Sie nicht davon ausgehen, dass die dortigen Auskünfte exakt stimmen. Vielmehr muss im Bereich der sich hieraus ergebenden Leitungsverläufe auch mit deutlichen räumlichen Abweichungen – sowohl in der Fläche als auch in der Tiefe – gerechnet und mit entsprechenden Abständen vorsichtig in Handschachtung gearbeitet werden.
Wenn Sie so verfahren sind und es dennoch zu Kabelschäden kommt, fehlt es häufig an dem für Ihre Haftung notwendigen Verschulden, sodass es sinnvoll sein kann, sich gegen eine Inanspruchnahme zu wehren. Umso mehr gilt dies dann, wenn Sie gar nicht bemerken, dass es angeblich zu einem Schaden gekommen ist und Sie erst Tage, Wochen oder sogar Monate später in Anspruch genommen werden, wie es nach unseren Erfahrungen durchaus vorkommen kann.

Erschienen im Mai 2023 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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