Ein denkbar einfacher Sachverhalt: Auf einem privaten Villengrundstück stehen diverse alte Linden, deren Äste über die Grundstücksgrenze ragen und das Nachbargrundstück und die dort befindliche Terrasse durch herabfallendes Laub, Blüten, Samen und Vogelkot beeinträchtigen.
Der Nachbar fordert den Eigentümer der Linden mehrfach vergeblich zum Rückschnitt auf und lässt diesen dann durchführen. Nach Lektüre des erstaunlicherweise auch für Laien verständlichen Textes von § 910 BGB scheint insoweit alles korrekt zu sein.
Linden wurden beschädigt
In einem vom Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg am 8. Februar 2018 (Az. 5 U 109/16) entschiedenen Fall hat der Eigentümer der vorgenannten Linden jedoch einen Schadensersatzanspruch gegen seinen Nachbarn behauptet und (zumindest in gewissem Umfang) auch zugesprochen bekommen. Dies deshalb, weil entsprechend den Behauptungen des Lindeneigentümers, die sachverständig bestätigt wurden, der Bestand der Bäume durch den Rückschnitt des Überhangs gefährdet, die Bäume letztlich also im Rechtssinne beschädigt worden waren.
Dies alles ist deshalb für den Landschaftsgärtner von Interesse, weil der durch die Linden beeinträchtigte Nachbar zwar ein Fachunternehmen mit den Rückschnittmaßnahmen beauftragt hatte, diese Arbeiten jedoch gemäß sachverständiger Feststellung unter vegetationstechnischen Aspekten nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden waren. Vor diesem Hintergrund hätte der geschädigte Eigentümer der Linden möglicherweise auch den Baumpfleger auf Schadensersatz in Anspruch nehmen können.
Denkbar wäre auch, dass der Nachbar, der die betreffenden Arbeiten in Auftrag gegeben hatte und nun Schadensersatz sowie anteilige Prozesskosten zahlen musste, den Baumpfleger aufgrund mangelhafter Leistungserbringung hierfür haftbar macht, weil er als Laie von dem Fachunternehmer nicht auf die Konsequenzen des vorgenommenen, fachwidrigen Rückschnitts hingewiesen worden ist.
DEGA-Tipp: Wenn Sie Arbeiten im Bereich einer Grundstücksgrenze durchführen, die auf dem Nachbargrundstück Ihres Auftraggebers befindliche Pflanzen oder bauliche Installationen (Zäune etc.) beeinträchtigen können oder sogar unmittelbar auf diese einwirken (auch wenn es sich um einen Überwuchs handelt), ist größte Vorsicht geboten! Drängen Sie unbedingt auf eine eindeutige, wenn möglich schriftlich dokumentierte Klarstellung Ihres Auftraggebers, dass Sie trotz entsprechender Bedenken Ihrerseits die Arbeiten so ausführen dürfen, wie man es von Ihnen fordert. Im Zweifelsfall sollten Sie ohne Zustimmung des Nachbarn keine derartigen Arbeiten ausführen.
Erschienen im Januar 2019 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.