Bedenken gegen Nachfolgegewerke?


Die Bedenkenanmeldung ist ein heikles Thema. Viele Auftraggeber fühlen sich weiterhin auf den Schlips getreten, wenn der Auftragnehmer Bedenken gegen die Art der Ausführung oder gegen die Leistung von Vorunternehmern anmeldet, obwohl diese Bedenkenanmeldung den Auftraggeber in die Lage versetzt und versetzen soll, zu einer Zeit zu reagieren, in der bei sachgerechter und schneller Reaktion kein größerer Schaden entsteht. Viele Unternehmer scheuen die Bedenkenanmeldung wie der Teufel das Weihwasser und setzen sich damit der Gefahr aus, für den Fall eines Schadens vollständig in die Haftung gezogen zu werden, obwohl der eigene Leistungsteil ordnungsgemäß erbracht wurde. Anerkannt ist es nun, dass Bedenken auch dann mitgeteilt werden müssen, wenn der Auftragnehmer an eine vorangegangene Leistung heranarbeitet (und nicht auf sie aufbaut) und dort Problemstellungen feststellt. Insbesondere gilt dies in Bereichen, in denen der Landschaftsgärtner mit seiner Leistung an ein bestehendes Gebäude anschließt. Er muss dann – mit dem Wissensstand eines durchschnittlichen, jedoch geschulten Landschaftsgärtners – die dortige Abdichtungssituation überprüfen und im Falle einer Problemstellung Bedenken anmelden. Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 17.04.2015 – 22 157/14 nunmehr einen weiteren Aspekt in die Diskussion eingebracht. Es stellte sich die Frage, ob der Unternehmer auch Bedenken gegen etwaige spätere Leistungen von anderen Nachfolgeunternehmern anmelden muss. Normalerweise darf der Auftragnehmer freilich davon ausgehen, dass der eingesetzte Nachfolgeunternehmer seine Leistungen ordnungsgemäß und sachgerecht erbringt, insbesondere nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ausführt. Zu beachten sei – so das OLG Düsseldorf – der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Wenn der Nachfolgeunternehmer nicht mehr erkennen kann, ob die fragliche Vorleistung für ihn eine geeignete Arbeitsgrundlage darstellt und in welcher Weise er seine eigene Leistung fachgerecht an die Vorleistung anzupassen hat, um Mängel oder Schäden zu vermeiden, der (Vor-)Unternehmer jedoch feststellen kann, dass dem Nachfolgeunternehmer vor diesem Hintergrund eine mängelfreie Leistung nicht gelingen werde, soll er ausnahmsweise zur Bedenkenanmeldung verpflichtet sein. Nun sollte man hier nicht in Panik verfallen. Das OLG Düsseldorf betont, dass die Voraussetzungen einer solchen „vorgelagerten“ Hinweispflicht nur höcht selten vorliegen. Die Gefahr, dass der Zweitunternehmer gewisse Umstände, die für seine Leistung von Relevanz sind und die der ursprünglich Unternehmer gesetzt hat, nicht mehr erkennen kann, muss sich dem Erstunternehmer auch tatsächlich zeigen. Das Gericht betont, dass es jedoch nicht Aufgabe des Erstunternehmers sei, eine hinreichende Koordinierung der nachfolgenden Arbeiten sicherzustellen.


DEGA Tipp:
Natürlich ist es so, dass der soeben vorgestellte Fall höchst selten eintritt. Dennoch sollte er Warnung für jedes Unternehmen sein, stets in alle Richtungen zu denken. Insbesondere dann, wenn sich Probleme in der Nachfolgeleistung positiv zeigen, sollten Sie damit nicht hinter dem Berg halten. Berücksichtigen Sie bitte immer, dass der schlussendlich geschädigte Bauherr stets versuchen wird, seinen Schaden irgendwie ersetzt zu erhalten. Ihm wird es dabei egal sein, von wem er Ersatz erhält. Gerade im Falle eines insolventen Unternehmens wird er somit nach Gründen suchen, warum andere Unternehmer zur Haftung gezogen werden könnten. Vor diesem Hintergrund sollte eine umfangreiche Überprüfung der Leistungen und gegebenenfalls eine Bedenkenanmeldung stets selbstverständlich sein. Sollte der Auftraggeber hierauf negativ reagieren – häufig angestachelt von seinem Architekten – teilen Sie ihm ruhig, aber bestimmt mit, dass es für ihn besser sei, wenn sie Bedenken frühzeitig mitteilen als wenn er mit den Schäden konfrontiert wird, sobald das Bauvorhaben beendet ist. Während der Bauphase ist es oft ein Leichtes, Fehler abzustellen. Nach Beendigung des Bauvorhabens stellt sich dies zumeist weitaus schwieriger dar.

Kann ein Sicherheitsverlangen nach § 648a BGB unzulässig sein?

Ein durchaus erstaunliches Urteil hat das OLG Frankfurt jüngst gefällt (Urteil vom 17.02.2015 – 5 U 211/13). Dort haben ein Auftraggeber und ein Auftragnehmer mehrere Bauverträge geschlossen, denen die VOB/B zugrunde gelegt wurde. Während der Bauausführung kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Beteiligten. Im Zuge dessen verlangte der Auftragnehmer die Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB und setzte hierfür eine durchaus angemessene Frist. Der Auftraggeber stellte die Sicherheit nicht, sodass der Auftragnehmer nicht lange fackelte und unter Berufung auf § 648a Abs. 5 BGB die Kündigung der Verträge erklärte. So weit, so gut. Eigentlich ist hier alles gesetzeskonform gelaufen: Der Bauunternehmer hat von dem ihm zustehenden Recht, gemäß § 648a Abs. 1 BGB eine Sicherheit für die noch nicht gezahlte Vergütung verlangen zu können, Gebrauch gemacht. Hierzu hatte er eine angemessene Frist gesetzt und, was das Gesetz ihm ebenfalls erlaubt, nach Ablauf der Frist den Vertrag gekündigt. Dennoch wehrt sich der Auftraggeber gegen diese Kündigung. Er hält sie für unzulässig und beruft sich dabei auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Während das LG Frankfurt in 1. Instanz mit der Kündigung noch relativ wenige Probleme hatte und sie für wirksam hielt, sah das OLG Frankfurt dies gänzlich anders. Nach einer bereits in der 1. Instanz durchgeführten Beweisaufnahme würde nämlich feststehen, dass es dem Auftragnehmer keineswegs vorrangig darum gegangen wäre, seine Forderung abzusichern. Vielmehr wollte er den Auftraggeber wohl dazu bewegen, über die Abwicklung des Bauvorhabens zu verhandeln. Im Ergebnis sollte § 648a BGB also zu einem gesetzeswidrigen Zweck verwendet werden. Wenngleich nach getätigten Zeugenaussagen auch das Sicherheitsinteresse eine gewisse Rolle gespielt haben soll, so ging das OLG Frankfurt doch davon aus, dass das überwiegende Motiv gewesen sei, Druck auf den Auftraggeber zur Förderung der Gespräche auszuüben. Es spielte sodann durchaus eine Rolle, dass ein VOB/B-Bauvertrag abgeschlossen wurde. Dieser nämlich unterliegt dem sogenannten Kooperationsgebot. Die Parteien sind insofern verpflichtet, zu versuchen, Meinungsverschiedenheiten auf dem Verhandlungswege beizulegen und eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Das Gericht sprach dem Auftragnehmer insofern nicht das Recht ab, eine Sicherheit zu verlangen, es meint jedoch, es hätte dem Kooperationsgebot entsprochen, aufgrund der besonderen Lage, die Forderung nach einer Sicherheit gemäß § 648a BGB zunächst anzukündigen. Dadurch, dass dies nicht geschehen sei, sei das Gebot von Treu und Glauben verletzt und es sei zu einer unzulässigen Rechtsausübung gekommen, weswegen die Kündigung rechtswidrig sei und der Auftraggeber Schadensersatz verlangen könne. Persönlich halte ich das Urteil für falsch. Unabhängig von der Frage, wie man die Zeugenaussagen bewertet, die nach der Wiedergabe im Urteil durchaus auch so ausgelegt werden können, dass man Sorge um die Zahlung der Vergütung hatte, muss man nach meinem Dafürhalten berücksichtigen, dass sich der Gesetzgeber bewusst von einem zweistufigen System vor erfolgtem Kündigungsausspruch verabschiedet hatte. Bis zur Gesetzesänderung 2009 war es nämlich erforderlich, bis zur Kündigung zwei Fristen zu Sicherheitengestellung zu setzen. Dies wurde mit der Reformfassung 2009 aufgehoben, sodass man eine solche Zweistufigkeit nicht wieder über die Hintertür einführen sollte. Dennoch ist das Urteil des OLGs Frankfurt nun in der Welt. Insofern sollte vor dem Ausspruch einer Kündigung bei Nichtstellung der Sicherheit genau überlegt werden, aus welchen Motiven die Sicherheit gefordert wurde. Eventuell müsste dann noch einmal nachgebessert werden, bevor man tatsächlich den letzten Schritt der Vertragsbeendigung geht. Das Urteil des OLG Frankfurt ist übrigens noch nicht rechtskräftig. Der Unternehmer hat die sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt (Az. VII ZR 34/15). Dennoch sollte man nicht allzu große Hoffnungen mit dieser verbinden. Die Hürden, mittels einer Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH zu gelangen, sind relativ hoch und nicht allein dadurch zu erklimmen, dass die Fehlerhaftigkeit des Urteils dargelegt wird.

Verstehe deinen Anwalt: LL.M.

Haben Sie auch so einen großartigen Anwalt, der seinen Namen mit dem Kürzel LL.M. schmückt, dem eine meist kaum bekannte Stadt in der englischen Provinz folgt? Haben Sie sich jemals gefragt was dahinter steckt? LL.M. ist die Bezeichnung für „Master of Laws“, was sicherlich erst einmal großartig klingt. Faktisch hat dieser Anwalt nach seinem 1. Examen auch einmal das Bier anderer Länder ausprobieren wollen und hat sich dafür einige Semester abgesetzt. Mir persönlich ist übrigens niemand bekannt, der, nachdem er die Wirtschaft des betreffenden Landes durch den häufigen Besuch einer solchen ordentlich unterstützt hat, seinen LL.M. nicht bekommen hat. Jedenfalls kamen die Studienkollegen meist gut gelaunt und trinkfester als jemals zuvor von ihrem Auslandseinsatz zurück.

Erschienen im November 2015 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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