Vergütung von „Zusatzleistungen“: Wenn es denn nötig war…


Wer kennt das nicht: Man ist im größten Baurausch gefangen, arbeitet sich durch das LV und stellt plötzlich fest, dass der Planer des Auftraggebers vergessen hat, für den SUV-Stellplatz die Tragschicht auszuschreiben.
Da man sich ohnehin mit dem bauleitenden Architekten blendend versteht, der Auftraggeber aber eher dauerhaft missmutig ist, wendet man sich an den Architekten, der nicht nur umgänglicher, sondern auch ein Mann der Tat ist. Flugs wird dem Auftragnehmer „zugeworfen“, welches Material er für die Tragschicht verwenden und dass er diese natürlich erstellen soll.

Tragschicht von Rechnung gestrichen
Der Auftragnehmer tut wie ihm geheißen, möchte er sich doch später nicht vorwerfen lassen, faul auf der Baustelle herumgehangen zu haben. Die Stimmung des Auftragnehmers bleibt während des Bauvorhabens stets recht gut, und auch die Abnahme verläuft erstaunlich zufriedenstellend. Das Blatt wendet sich erst, als der Auftragnehmer seine Schlussrechnung stellt und bereits wenig später die Schlussrechnungsprüfung erhält. Dort ist die Tragschicht gestrichen, da der Auftraggeber diese nicht beauftragt habe. Eine Diskussion mit ihm verläuft fruchtlos, da er dem Auftragnehmer unmissverständlich zu verstehen gibt, dass „eine Flachpfeife wie der feine Herr Architekt“ für ihn doch bitte keine Aufträge vergeben dürfe – offensichtlich hatte man sich zwischenzeitlich überworfen.
Tatsächlich ist im Architektenvertrag nichts dergleichen vorgesehen. Nun fürchtet der Auftragnehmer um sein Geld. Einen ähnlichen Fall musste das Oberlandesgericht Jena mit Urteil vom 9. Januar 2020 (8 U 176/19) entscheiden. Liest man das Urteil, kann einem für den Auftragnehmer durchaus das Herz in die Hose rutschen. Die fehlende Vollmacht des bauleitenden Architekten wird dort nämlich zunächst einmal bestätigt. Tatsächlich befindet sich das OLG Jena damit in guter Gesellschaft, da dem Architekten regelmäßig keine automatische Vollmacht gegeben ist.
Dennoch gab es eine für den Auftragnehmer gute Lösung: Zwar hat er versäumt, gegenüber dem Auftraggeber in Bezug auf die auftragslos erbrachten Leistungen genau diese unverzüglich im Sinne des§ 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B anzuzeigen, jedoch verweist§ 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B auf die Grundlagen der sogenannten Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677 ff. BGB. Kurz gesagt kann der Auftragnehmer in diesem Zusammenhang Leistungen abrechnen, wenn sie im Interesse des Auftraggebers lagen und seinem mindestens mutmaßlichen Willen entsprachen. Die wohl überwiegende Ansicht der Gerichte lässt in diesen Fällen die nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B eigentlich erforderliche Anzeige entfallen (so zum Beispiel das OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. De­zember 2015 – 13 U 1 10/13), wobei es auch Gegenstimmen gibt (zum Beispiel OLG Celle, Urteil vom 2. September 2015 – 14 U 154/13). Zum Glück für den Auftragnehmer folgte das OLG Jena der zuerst genannten Ansicht.

DEGA Tipp
Immer die Vollmacht des Auftraggebers einholen!

Lassen Sie sich eines ins Stammbuch schreiben:„Wo das Portemonnaie des Auftraggebers anfängt, hört die Vollmacht des Architekten auf.“ Lassen Sie sich daher stets, ausnahmslos, immer und durchweg bei durch den Architekten getätigten Nachträgen dessen Vollmacht seitens des Auftraggebers schriftlich bestätigen oder – besser noch – lassen Sie sich Ihre Nachträge direkt vom Auftraggeber mindestens in Textform absegnen. Das Risiko, dass der Architekt keine Vollmacht besitzt und Sie schlussendlich trotz aller juristischen Möglichkeiten auf Ihren Kosten sitzen bleiben, wäre mir an Ihrer Stelle zu groß!

Erschienen im März 2021 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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