Zur Abwechslung wollen wir einmal etwas Prozessuales diskutieren. Das geschieht, weil viele Anwälte, die sich nicht allzu oft mit baurechtlichen Spezialthemen befassen, über die Auswahl von Sachverständigen durch das Gericht gerne hinweggehen, wenn die Mandanten sie nicht darauf hinweisen.
Dabei ist es ein großer Unterschied, ob ein Sachverständiger für Schäden am Gebäude, also ein Sachverständiger, der sich quasi mit allem innerhalb des Bausektors auskennen soll, die Pflasterfläche begutachtet oder ein Spezialist. Auch gibt es immer wieder Diskussionen darüber, ob die aus Platten hergestellte Terrasse nun durch einen Sachverständigen aus dem Fliesenlegerhandwerk oder durch einen GaLaBau-Sachverständigen begutachtet werden soll.
Viele Rechtsanwälte werden sich darüber keine besonderen Gedanken machen. Es ist aber entscheidend, ob gerade in diesem Fall der Fliesenleger, der vor allem in Innenräumen zu Hause ist, oder der Landschaftsgärtner tätig wird. In medizinischen Gerichtsverfahren gilt insofern der sogenannte Grundsatz der fachgleichen Begutachtung (BGH, Beschluss vom 8. November 2016 – VI ZR 512/1 5). Es soll also bei der Beauftragung eines Sachverständigen auf dasjenige Fachgebiet abgestellt werden, in das die maßgebliche Behandlung fiel.
Gericht überträgt Grundsatz auf Baurecht
Nun hat das Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 29. November 2023 (4 U 126/22) diesen Grundsatz auch auf das Baurecht übertragen. Hiernach sei für baurechtliche Verfahren zwingend ein Sachverständiger auszuwählen, der das Bestellungsgebiet bekleide, welches dem Gewerk des vor Ort tätigen und seitens des Auftraggebers mit der Vertragsausführung beauftragten Unternehmer entspreche.
Das Gericht hat in diesem Fall den Landschaftsgärtner einem Fliesenleger vorgezogen und dargestellt, es müsse vermieden werden, dass in den beiden in Betracht kommenden Bereichen unterschiedliche Standards gelten und der beauftragte Sachverständige somit andere Standards anwende als ein Sachverständiger des Gewerks des Auftragnehmers.
Hintergrund ist auch, dass sich der Auftraggeber regelmäßig für den betreffenden Unternehmer entschieden und somit faktisch eine Vorgabe gesetzt hat, welchem Gebiet er die Leistung zuordnet. Daran soll er sich sodann festhalten lassen. Etwas anderes wird nur dann gelten, wenn der betreffende Unternehmer (zusätzlich) Gewerke bearbeitet, die seinem Betätigungsfeld eigentlich fremd sind, also zum Beispiel der Landschaftsgärtner zusätzlich Malerarbeiten ausführt und dort einen vermeintlichen Mangel verursacht. Dann wird es dabei bleiben müssen, dass für diese Bereiche ein Sachverständiger aus dem Malerhandwerk hinzugezogen wird.
DEGA-Tipp: Anwalt auf Expertise hinweisen
Achten Sie darauf, dass im Falle gerichtlicher Verfahren der Sie vertretende Rechtsanwalt darauf besteht, dass ein fachlich versierter Sachverständiger Ihres eigenen Fachbereichs tätig wird. Wenn es dort weitere Spezialsachverständige gibt (zum Beispiel im Schwimmteichbau, der Dachbegrünung), weisen Sie Ihren Rechtsanwalt darauf hin. Wenn diese Hinweise – gegebenenfalls unter Bezugnahme auf den oben genannten Beschluss des Oberlandesgerichts Celle – frühzeitig abgegeben werden, steigt die Chance erheblich, dass das Gericht den „richtigen“ Sachverständigen bestellt.
Erschienen im März 2024 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.